Flächendeckende Glasfaserversorgung bis 2030 ohne klare politische Kurskorrektur nicht mehr erreichbar
10.09.2024
- Glasfaserausbauquote Mitte 2024 bei 43,2 Prozent, Glasfaseranschlussquote bei 22,8 Prozent
- Ausbau in der Fläche verlangsamt sich, Zahl der angeschlossenen Haushalte nimmt deutlich zu
- Telekom-Wettbewerber übernehmen Großteil des Ausbaus: 61 Prozent der Homes Passed, 70 Prozent der Homes Connected, 77 Prozent der Homes Activated
- Prognose: Ausbauziel 2025 kann erreicht werden, Ausbauziel 2030 wird unter aktuellen politischen Rahmenbedingungen klar verfehlt
- Schleswig-Holstein bleibt im Ländervergleich Spitzenreiter. Bremen und Brandenburg mit den stärksten Zuwächsen
Bonn, 10.09.24 – In seiner heute veröffentlichten BREKO Marktanalyse 2024 zeigt der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) auf, dass der Glasfaserausbau in Deutschland weiter vorangeht. Stand 30. Juni 2024 liegt die Glasfaserausbauquote bei 43,2 Prozent, der Anteil der angeschlossenen Haushalte bei 22,8 Prozent. Da sich der Glasfaserausbau in der Fläche aber verlangsamt, fordert der BREKO von der Bundesregierung endlich wirksame Maßnahmen.
Mit 2,6 Millionen neu gebauten Anschlüssen (Homes Passed) steigt die Glasfaserausbauquote laut Marktanalyse zwischen Mitte 2023 und Mitte 2024 um 7,6 Prozentpunkte auf 43,2 Prozent, wächst aber um 1,6 Prozentpunkte weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Anteil der angeschlossenen Haushalte (Homes Connected) – die Glasfaseranschlussquote – steigt um 4,5 Prozentpunkte auf 22,8 Prozent und damit um 3,6 Prozentpunkte stärker als im Vorjahreszeitraum. Zeitgleich steigt auch der Anteil der Haushalte, die einen Glasfaseranschluss gebucht haben (Homes Activated), leicht an: Die Take-Up-Rate liegt jetzt bei 26 Prozent. Das sind Ergebnisse der BREKO Marktanalyse 2024, die auf Daten aller relevanten, am Glasfaserausbau in Deutschland beteiligten Unternehmen basiert. Sie ist damit repräsentativ für den deutschen Telekommunikationsmarkt.
Währungswechsel: Fokus auf Anschluss der Haushalte
Aktuell sind 10,5 Millionen Gebäude und Wohnungen ans Glasfasernetz angeschlossen (Homes Connected) – rund ein Viertel Deutschlands. Studienautor Prof. Dr. Jens Böcker: „Die Telekommunikationsbranche investiert trotz vieler Hindernisse weiter in den Glasfaserausbau. Auffällig ist: Während der Fokus in den letzten Jahren auf dem Ausbau in der Fläche lag, gehen die Unternehmen jetzt zunehmend dazu über, die Haushalte, Unternehmen und öffentlicher Einrichtungen anzuschließen. Insbesondere die Wettbewerber der Telekom sorgen dafür, ihre Kundinnen und Kunden ans Glasfasernetz anzuschließen, statt die Glasfaser nur bis in die Straße zu bauen.”
Wettbewerber der Telekom übernehmen Großteil des Glasfaserausbaus
Mit 13,2 Milliarden Euro befinden sich die Gesamtinvestitionen in den Glasfaser- und Mobilfunkausbau nach wie vor auf hohem Niveau, sind aber erstmals seit Jahren leicht rückläufig. Obwohl der Investitionsanteil der Telekom auf 5,6 Milliarden Euro steigt und bei den Wettbewerbern auf 7,6 Milliarden Euro zurückgeht, bleiben die alternativen Netzbetreiber mit 58 Prozent der Investitionen Treiber des Netzausbaus. Besonders im Glasfaserausbau übernehmen die Wettbewerber der Telekom den Löwenanteil: Sie zeichnen für 61 Prozent der Homes Passed sowie für 70 Prozent der Homes Connected und 77 Prozent der Homes Activated verantwortlich.
BREKO-Präsident Norbert Westfal fordert klare politische Kurskorrektur
Mit Blick auf die Prognose der Marktanalyse, wonach die Glasfaserausbauquote bei einer stabilen Entwicklung bis 2025 auf 50 Prozent, bis 2030 aber nur noch auf einen Wert zwischen 76 Prozent und 86 Prozent steigen wird, warnt BREKO-Präsident Norbert Westfal:
„Trotz großer wirtschaftlicher Herausforderungen wie gestiegenen Ausbaukosten und Fachkräftemangel treiben vor allem die Wettbewerber der Telekom den Glasfaserausbau weiter voran. Darüber hinaus braucht es mit Blick auf das politische Ausbauziel 2030 jetzt mehr denn je eine klare politische Kurskorrektur, um Investitionssicherheit zu schaffen und Investitionsanreize zu setzen. Dass sich der Ausbau in der Fläche verlangsamt, ist ein Frühindikator mit Folgen: Laut Prognose wird die Bundesregierung ihr Ziel von Glasfaser für die Hälfte der deutschen Haushalte bis 2025 zwar erreichen. Unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen wird die flächendeckende Glasfaserversorgung bis 2030 aber deutlich verfehlt. Als BREKO schlagen wir schon lange konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels vor. Insbesondere fordern wir von der Bundesnetzagentur ein Konzept für einen wettbewerbskonformen Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze: Hier gilt es zu verhindern, dass die Deutsche Telekom ihr Kupfernetz strategisch nur dort abschaltet, wo sie selbst Glasfaser verlegt hat. Zudem braucht es endlich eine wirksame Diensteanbieterverpflichtung – um doch noch einen Impuls für fairen Wettbewerb zu setzen und das herrschende Oligopol im Mobilfunk aufzubrechen. Leider wurde in den letzten Monaten zunehmend deutlich, dass die Ampel-Koalition offenbar das Interesse am Glasfaserausbau verloren hat.”
Doppelausbau und Kupfer-Glasfaser-Migration sind die drängendsten Themen
Eines der größten Probleme für den Glasfaserausbau bleibt der strategische Doppelausbau der Telekom. Wie aus den Daten der Marktanalyse hervorgeht, sind aktuell 78 Unternehmen von Doppelausbau-Aktivitäten der Telekom oder ihrer Tochter Glasfaser Plus betroffen. Rund jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) hat sich aufgrund von Doppelausbau sogar aus Ausbauprojekten zurückgezogen.
BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „Auch wenn die Telekom das Gegenteil glauben machen möchte: Der strategische Doppelausbau des marktbeherrschenden Unternehmens bleibt ein zentrales Problem im Glasfaserausbau. Dieses volkswirtschaftlich widersinnige Verhalten verhindert den Ausbau ganzer Kommunen, schreckt Investoren ab und ist eine Belastung für die Bürgerinnen und Bürger. Seit Veröffentlichung des Monitoringberichts der Bundesnetzagentur im April ist nichts passiert. Das Thema auszusitzen, nützt einzig und allein der Telekom.”
Große Mehrheit der Unternehmen will klare Regelung für Kupfer-Glasfaser-Migration
Ein weiteres Thema, das die Branche umtreibt, ist der anstehende Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze. 9 von 10 Unternehmen (89 Prozent) sehen es laut Marktanalyse als wichtig oder sehr wichtig an, dass es eine wettbewerbskonforme Regelung für die sogenannte Kupfer-Glasfaser-Migration gibt. Nur 4 Prozent halten dies für unwichtig.
Albers: „Da die Wettbewerber für zwei Drittel des Glasfaserausbaus verantwortlich zeichnen, braucht es jetzt umso mehr ein Konzept für eine wettbewerbskonforme Kupfer-Glasfaser-Migration. Bislang gibt es für die Regionen, in denen die Wettbewerber Glasfaser verlegt haben, keine entsprechende Regelung. Die Telekom wiederum kann dort, wo sie Glasfaser ausgebaut hat, selbst über eine Abschaltung ihres Kupfernetzes entscheiden. Unsere Forderung ist klar: Die Abschaltung in Regionen, in denen die Telekom Glasfaser verlegt hat, darf nur dann genehmigt werden, wenn das Kupfernetz auch in Gebieten abgeschaltet werden kann, die durch Wettbewerber vergleichbar gut mit Glasfaser versorgt sind und vergleichbare Vorleistungsprodukte angeboten werden. Sowohl beim Doppelausbau als auch bei der Kupfer-Glasfaser-Migration braucht es eine Bundesnetzagentur, die nicht nur die Interessen des marktmächtigen Unternehmens im Blick hat, sondern aktiv für fairen Wettbewerb sorgt.”
Ländervergleich: Schleswig-Holstein bleibt an der Spitze vor Hamburg und Brandenburg
Zwischen den Bundesländern gibt es große Unterschiede in Fortschritt und Geschwindigkeit des Glasfaserausbaus. Mit 89,3 Prozent verzeichnet Schleswig-Holstein nach wie vor die höchste Glasfaserausbauquote, gefolgt von Hamburg (82,7 Prozent) und Brandenburg (59,3 Prozent). Den größten Zuwachs gibt es in Bremen mit einem Plus von 26,3 Prozentpunkten. Das Schlusslicht bilden Thüringen (33,8 Prozent), Baden-Württemberg (29 Prozent) und Berlin (28,5 Prozent).
Auch bei der Glasfaseranschlussquote sind Schleswig-Holstein (52,2 Prozent), Brandenburg (42,6 Prozent) und Hamburg (39,4 Prozent) Spitze. Den größten Zuwachs beim Anteil der angeschlossenen Haushalte erreicht Brandenburg mit 7,6 Prozentpunkten. Albers: „Um den Ausbau in den Ländern zu beschleunigen, braucht es endlich schnellere Genehmigungsverfahren. Auch der Glasfaserausbau muss deshalb im Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz als im ‘überragenden öffentliches Interesse’ definiert werden. Bundestag und Bundesrat sind hier in der Pflicht, grundlegend nachzubessern, um doch noch Rahmenbedingungen für eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus zu schaffen.”
Open Access wird immer wichtiger
Die Öffnung bestehender Netze für andere Anbieter gewinnt zunehmend an Bedeutung. Laut Marktanalyse bieten 89 Prozent der im BREKO organisierten Netzbetreiber bereits Zugang zu ihren Netzen an. Albers: „Open Access sorgt für mehr Wettbewerb und setzt sich als Alternat gegen Doppelausbau durch. Albers: „Open Access sorgt für mehr Wettbewerb und setzt sich als Alternative zum Doppelausbau durch. Die Kooperationen sorgen für eine höhere Auslastung der Netze und bieten den Kundinnen und Kunden mehr Angebotsvielfalt.“
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Über den BREKO
Als führender Glasfaserverband mit 500 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen für mehr als die Hälfte des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen in Deutschland verantwortlich. Die 262 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Im Jahr 2023 haben sie dafür 4,8 Milliarden Euro investiert. Weitere Informationen finden Sie unter brekoverband.de.