Gigabit Infrastructure Act der EU gefährdet deutschen Glasfaserausbau

13.09.2023

Berlin/Brüssel, 13.09.2023 Der Gigabit Infrastructure Act (GIA) würde in seiner aktuellen Fassung den strategischen Doppelausbau von Glasfasernetzen begünstigen und die Ausbauziele der Bundesregierung gefährden. Damit der GIA nicht zur Ausbaubremse wird, appelliert der BREKO an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, den aktuellen Entwurf in der Ausschusssitzung am 19.09. abzulehnen und in entscheidenden Punkten nachzubessern. Ebenso erwartet der BREKO, dass sich die deutsche Bundesregierung gemeinsam mit anderen Staaten im Europäischen Rat klar positioniert und Änderungen fordert.

Ziel des GIA ist die Beschleunigung des Glasfaser- und 5G-Ausbaus in der EU. Der am 07.09.2023 unter den Schattenberichterstattern im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments abgestimmte Entwurf setzt jedoch Anreize für einen strategisch Doppelausbau von Glasfasernetzen, verschärft die größte Herausforderung, vor der der Glasfaserausbau in Deutschland aktuell steht und erreicht so das Gegenteil seiner eigentlichen Zielsetzung. Der BREKO fordert die Europaabgeordneten im ITRE und die deutsche Bundesregierung deshalb auf, den aktuellen Entwurf abzulehnen und vier entscheidende Punkte nachzubessern:

  1. Die Verfügbarkeit eines virtuellen Bitstrom-Zugangs muss als tragbare Alternative zur Mitnutzung physischer Infrastrukturen (Leerrohrzugang) akzeptiert werden, denn er hat sich im deutschen Markt als das zentrale Open Access Produkt erwiesen. Laut aktuellem Entwurf soll ein Überbau durch Mitnutzung bereits vorhandener Glasfaser-Leerrohre jedoch nur bei Überlassung einzelner Glasfaserleitungen („Dark Fiber“) abwendbar sein. BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „Der aktuelle GIA-Entwurf begünstigt die volkswirtschaftlich unsinnige Schaffung doppelter Glasfaser-Infrastrukturen, wodurch viele Ausbauprojekte unrentabel würden. Sollte diese Regelungen unverändert umgesetzt werden, wären die ambitionierten Ausbauziele in Deutschland und Europa kaum noch zu erreichen.“
     
  2. Neu im aktuellen Entwurf und aus Sicht des BREKO absolut inakzeptabel ist der Ansatz des GIA, die Diskussion um den Zugang zu physischen Infrastrukturen auf die Preisebene zu verlagern. Die hierfür aufgestellten Kriterien sind vage, kaum handhabbar und dürften für den Anbieter keine rentablen Geschäftsmodelle ermöglichen. Jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen zur Bestimmung angemessener Preise und entsprechende Unsicherheiten für Investoren wären die Folge. Um eine Ausnahme von dieser Regulierung zu nutzen, würden Netzbetreiber, die sowohl eigene Infrastruktur errichten als auch eigene Dienste für Endkundinnen und Endkunden anbieten, nach derzeitigem Stand des Entwurfs faktisch gezwungen, ihr Vorleistungsgeschäft strukturell vom Endkundengeschäft zu trennen – eine unverhältnismäßige Folge für Unternehmen, die nicht marktmächtig sind.
     
  3. Die im aktuellen Entwurf des GIA vorgesehenen weitreichenden Transparenzverpflichtungen für Netzbetreiber sorgen nicht wie von EU-Kommission und Parlament angenommen die Teilung der Tiefbaukosten zwischen ausbauenden Unternehmen. Vielmehr begünstigen sie den strategischen Glasfaser-Doppelausbau: Albers: „Wenn die Details geplanter Glasfaser-Bauarbeiten drei Monate im Voraus öffentlich bekanntgemacht werden müssen, ist dies geradezu eine Einladung an die Konkurrenz, rein taktisch motivierte Anträge auf Koordinierung von Baumaßnahmen – sogenannte Mitverlegung – zu stellen, um damit die Wirtschaftlichkeit des ursprünglichen Projekts zu unterminieren. Diese Verpflichtung muss gestrichen werden, um die guten Investitionsbedingungen im Glasfasermarkt zu erhalten.“
     
  4. Darüber hinaus wird auch die Rechtsform des GIA darüber entscheiden, ob er den Netzausbau überall in Europa beschleunigt, oder ihn in einigen Mitgliedstaaten sogar behindert. Angesichts der sehr unterschiedlichen Entwicklung des Glasfaserausbaus in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten kann es keine „one size fits all“-Regulierung geben. Durch die bisher geplante Ausgestaltung des GIA als direkt wirksame Verordnung wird den Mitgliedstaaten jedoch jeglicher Spielraum genommen, die Vorschriften auf ihre unterschiedlichen Bedürfnisse anzupassen. Die deutsche Bundesregierung sollte in Brüssel gemeinsam mit den Regierungen anderer EU - Mitgliedstaaten darauf hinwirken, dass der GIA als Richtlinie ausgestaltet wird, um die konkreten Regelungen auf die Besonderheiten in den Mitgliedstaaten anpassen zu können.

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Über den BREKO

Als führender Glasfaserverband mit über 470 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen für mehr als die Hälfte des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen in Deutschland verantwortlich. Die mehr als 240 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Dafür haben sie im Jahr 2022 4 Mrd. Euro investiert. Weitere Informationen finden Sie unter brekoverband.de.

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